Lexikon, zuletzt bearbeitet am: 27.05.2025 | |
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Schöffengericht (© Petiar/ Fotolia.com)
Ein Schöffengericht ist ein Spruchkörper des Amtsgerichts in Strafsachen, der in der Regel mit einem Richter und zwei Schöffen besetzt ist. Bei den Schöffen handelt es sich um ehrenamtliche "Laienrichter" und haben einen anderweitigen Beruf wie z.B. Lehrerin oder Bankkaufmann.
Schöffengericht - was sind Schöffen?In Deutschland gibt es über 60.000 Schöffen. Sie sind keine Richter, sondern lediglich sogenannte ehrenamtliche „Laienrichter“. Von Beruf sind sie in der Regel Lehrer, Bankkaufleute, Beamte, Hausfrauen oder Mechaniker. In Strafverfahren sitzen sie mit auf der Richterbank und entscheiden auch mit bei der Urteilsfindung.
Die Schöffen werden für fünf Jahre gewählt. Erst einmal gewählt, ist man als Schöffe auch verpflichtet, das Amt wahrzunehmen. Jeder Schöffe hat im Schnitt 10 bis 15 Hauptverhandlungen pro Jahr zu absolvieren. In dieser Zeit muss der Arbeitgeber den Schöffen von seinem eigentlichen Job freistellen.
Die Schöffen haben also keine juristische Ausbildung und brauchen auch keine besondere Gesetzeskenntnis. Trotzdem sind sie den Berufsrichtern gleichgestellt. Die Schöffen unterliegen der Schweigepflicht, sind ebenfalls unabhängig und müssen unparteiisch sein.
Jeder Deutsche zwischen 25 und 69 Jahre kann Schöffe werden. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
Folgende Fähigkeiten sollte man mitbringen:
Menschenkenntnis und soziales Verständnis;
logisches Denkvermögen und Intuition;
keine Vorurteile;
Mut und Selbstbewusstsein;
Verantwortungsbewusstsein;
Erfahrung in der Jugenderziehung (beim Jugendschöffengericht).
Die Vorschlagslisten liegen bei den Gemeindehäusern (Rathäuser etc.) öffentlich aus. Hier kann man sich eintragen und somit als Schöffe bewerben.
Zuständigkeit und BesetzungEin Schöffengericht ist in der Regel mit einem Berufsrichter und zwei Schöffen besetzt. Es gibt Fälle, wo die zu verhandelnde Sache von besonderem Umfang ist. In diesen Fällen kann ein weiterer Berufsrichter hinzugezogen werden. In diesem Fall spricht man vom erweiterten Schöffengericht genannt.
Das Schöffengericht entscheidet in allen Fällen der Zuständigkeit des Amtsgerichts, „soweit nicht der Strafrichter entscheidet“, vgl. § 28 GVG (Gerichtsverfassungs-Gesetz).
Die Schöffen sitzen während der Gerichtsverhandlung ohne Robe neben dem Richter. Die Schöffen haben keinen Einblick in die Prozessakten und haben daher einen unvoreingenommenen Blick auf die Angeklagten. Die elementare Aufgabe der Schöffen ist es, die Justiz und die Richter als Laienrichter "zu überwachen" und zusammen mit dem Berufsrichter zu einem unabhängigen Urteil zu kommen. Die Schöffen können den Berufsrichter sogar überstimmen (kommt in der Praxis aber eher selten vor).
Schöffengricht - StrafmaßDas Schöffengericht ist zuständig für die Fälle der mittleren Kriminalität und immer dann zuständig, wenn die Straferwartung des zu verhandelnden Falles zwischen 2 und 4 Jahren Freiheitsstrafe liegt.
In der Regel geht es daher vor dem Schöffengericht um
Verbrechen oder
um Fälle, wo die Straferwartung bei mindestens 2 Jahren liegt.
Bei bis zu 2 Jahren Straferwartung und wenn kein Verbrechen angeklagt wird, entscheidet sonst der Strafrichter alleine. Zudem darf keine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung zu erwarten sein, vgl. § 24 Abs. 2 GVG.
Erhebt die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Bedeutung des Falles Anklage vor dem Landgericht erhebt, ist das Schöffengericht ausnahmsweise nicht zuständig. Auch in Fällen, wo wegen gesetzlich normierten Ausnahmen die erstinstanzliche Zuständigkeit beim Landgericht oder Oberlandesgericht liegt (Staatsschutzsachen), ist das Schöffengericht nicht zuständig.
Digitalisierung und technische Ausstattung der SchöffengerichteMit dem Justizmodernisierungsgesetz 2024, das die Digitalisierung in der Justiz weiter vorantreiben soll, wurden auch die Schöffengerichte in den Fokus genommen. Seitdem besteht die Möglichkeit, Hauptverhandlungen in geeigneten Fällen auch unter Einsatz von Videotechnik durchzuführen (§ 128a ZPO analog für Strafverfahren diskutiert; Pilotprojekte nach § 185 GVG). Für Schöffengerichte bedeutet dies, dass Beweiserhebungen (z. B. Zeugenvernehmungen) unter bestimmten Voraussetzungen per Videokonferenz erfolgen dürfen – insbesondere bei erheblichem logistischen Aufwand oder Gefährdungslagen. Allerdings dürfen Schöffen an einer Hauptverhandlung weiterhin nur dann teilnehmen, wenn sie physisch im Gerichtssaal anwesend sind. Eine „digitale Mitwirkung“ von Schöffen ist gesetzlich ausgeschlossen, um sicherzustellen, dass die unmittelbare Eindrucksbildung – z. B. die Glaubhaftigkeitsbeurteilung von Aussagen – nicht eingeschränkt wird. Entsprechend wurden die Gerichtssäle modernisiert und mit Technik ausgestattet, die Videobeweise in Echtzeit übertragen kann, ohne die Verfahrensrechte der Beteiligten zu verletzen.
Jugendschöffengericht - JugendstrafrechtAls sog. Jugendschöffengericht wird das Schöffengericht bei Jugendstrafsachen tätig, wenn eine Jugendstrafe zu erwarten ist, vgl. § 40 JGG (Jugendgerichts-Gesetz). Wenn Straftaten oder Verfehlungen durch Erwachsene begangen wurden und dabei Kinder oder Jugendliche oder der Jugendschutz betroffen sind, können Jugendschöffengerichte - wie alle Jugendgerichte - ebenfalls zuständig sein (§ 26 GVG).
Das Jugendschöffengericht ist grundsätzlich mit zwei Jugendschöffen sowie einem Berufsrichter besetzt.
Es gibt kein "erweitertes Jugendschöffengericht".
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