Lexikon, zuletzt bearbeitet am: 13.12.2024 | |
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Amtsgericht in Deutschland (© Martina Berg/ Fotolia.com)
Das Amtsgericht bildet in Deutschland die unterste Gerichtsbarkeitsstufe und ist die erste Instanz der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.
Es ist primär für die Durchführung von Zivil- und Strafrechtsverfahren zuständig. Zivilverfahren werden am Amtsgericht generell nur durch Einzelrichter entschieden. Im Rahmen von Strafverfahren ist dies auch möglich, allerdings können hierbei auch Schöffengerichte zurate gezogen werden.
Amtsgericht - AllgemeinesNach § 13 GVG [Gerichtsverfassungsgesetz] gehören sowohl die Zivilsachen (bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) als auch die Strafsachen vor die ordentlichen Gerichte. Das Amtsgericht ist auch für Anliegen der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständig. Dazu gehören beispielsweise die Durchführung von Vollstreckungsverfahren (gerichtliche Mahnverfahren). Desweiteren obliegt dem Amtsgericht unter anderem die erstinstanzliche Klärung von Vormundschaftsangelegenheiten oder auch die Nachlassgerichtsbarkeit. Hinsichtlich ihrer personellen Strukturen sind Amtsgerichte hierarchisch strukturiert. Jedes Amtsgericht verfügt über ein gewähltes Präsidium, welches die Dienstaufsicht ausübt.
Aufbau AmtsgerichtDie Amtsgerichte werden in der Regel von einem Direktor geleitet. Amtsgerichte, die über viele Richterplanstellen verfügen, werden hingegen von einem Präsidenten geleitet. Dieser übernimmt auch grundsätzlich die Dienstaufsicht für die kleineren, von einem Direktor geleiteten Amtsgerichte, wenn nicht der Präsident des im Instanzenzug übergeordneten Landgerichts diese Aufgabe übernimmt.
Nach § 22 Absatz 1 GVG stehen den Amtsgerichten regelmäßig Einzelrichter vor.
Derzeit gibt es 638 Amtsgerichte in Deutschland (Stand: 01.01.2024]. Es gibt also fast sechs Mal so viele Amtsgerichte wie Landgerichte (insg. 115) und fast 27 Mal so viele Amtsgerichte wie Oberlandesgerichte (insg. 24).
Zuständigkeit der Amtsgerichte ZivilprozessDie Zuständigkeit der Amtsgerichte im Zivilprozess ergibt sich aus § 23 GVG. Danach umfasst ihre Zuständigkeiten alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht den Landgerichten zugewiesen sind. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Streitigkeiten auf Ansprüche beziehen, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 5.000 Euro nicht übersteigt.
Ohne Rücksicht auf diesen Streitgegenstandswert sind die Amtsgerichte insbesondere in folgenden Fällen zuständig
Zum Amtsgericht gehören danach auch das Grundbuchamt (mit Ausnahme von Baden-Württemberg), sowie das Registergericht, welches unter anderem zuständig ist für das Handelsregister, das Genossenschaftsregister, das Vereinsregister und das Güterrechtsregister.
Darüber hinaus wird das Amtsgericht auch als Vollstreckungsgericht in Verfahren der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung sowie in Insolvenzverfahren tätig. Ferner dient es als Nachlassgericht und als Vormundschaftsgericht.
Die Zuständigkeit der Amtsgerichte im Strafprozess ergibt sich aus § 24 GVG. Danach ist das Amtsgericht dann in Strafsachen zuständig, wenn im Einzelfall keine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in die Sicherungsverwahrung zu erwarten ist. Davon unabhängig ist das Amtsgericht dann nicht zuständig, wenn eine der in § 74 Absatz 2, § 74a oder § 120 GVG genannten Straftaten abzuurteilen ist, da in diesen Fällen das Landgericht bzw. das Oberlandesgericht zuständig ist.
Darüber hinaus kann die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles, Klage beim Landgericht erheben.
Ist das Amtsgericht zuständig, so wird gem. § 25 GVG der Einzelrichter als sog. Strafrichter tätig, wenn eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe nicht über zwei Jahre zu erwarten ist oder eine Privatklage i.S.d. §§ 374 ff. StPO [Strafprozessrecht] erhoben wurde.
In allen anderen Angelegenheiten, also wenn eine Freiheitsstrafe zwischen zwei und vier Jahren zu erwarten ist, wird gem. §§ 28, 29 GVG bei den Amtsgerichten ein Schöffengericht gebildet, welches aus einem Richter als Vorsitzenden und zwei Schöffen besteht. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann nach § 29 Absatz 2 GVG noch ein weiterer Richter hinzugezogen werden.
Nach § 33 Absatz 1 JGG [Jugendgerichtsgesetz] entscheiden die Jugendgerichte über die Verfehlungen Jugendlicher. In diesen Fällen sind der Strafrichter als Jugendrichter und das Schöffengericht als Jugendschöffengericht tätig.
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