Öffentlichkeitsgrundsatz – Definition und Zweck ge

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发布时间:2025-10-07 10:29
Öffentlichkeitsgrundsatz bei Gerichtsverfahren

Lexikon, zuletzt bearbeitet am: 18.12.2024 | |

Inhaltsverzeichnis


Öffentlichkeitsgrundsatz (© Fontanis - Fotolia.com)

Der Öffentlichkeitsgrundsatz (auch: Grundsatz der Öffentlichkeit) ist neben dem Unmittelbarkeitsprinzip und dem Mündlichkeitsprinzip eine der grundlegenden Prozessmaximen in deutschen Gerichtsverfahren. Danach muss eine Gerichtsverhandlung grundsätzlich öffentlich stattfinden, sodass grundsätzlich auch am Verfahren Unbeteiligte der Verhandlung beiwohnen können. Dieses Prinzip gewährleistet insbesondere die Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens. Die Öffentlichkeit kann jedoch in Ausnahmefällen auch vom Verfahren ausgeschlossen werden.

Öffentlichkeitsgrundsatz im GVG

Der Grundsatz der Öffentlichkeit ist in § 169 Absatz 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) festgelegt. Nach dieser Norm ist die mündliche Hauptverhandlung vor Gericht einschließlich der Verkündung von Urteilen und Beschlüssen öffentlich. Weitere Rechtsgrundlagen, die den Öffentlichkeitsgrundsatz vorschreiben, sind Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 des UN-Zivilpakts. Darüber hinaus setzt § 272 Nr. 5 Strafprozessordnung (StPO) den Öffentlichkeitsgrundsatz voraus.

JuraForum.de-Tipp: „Öffentlich“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass grundsätzlich jedem der Zutritt zur Verhandlung eröffnet ist. Hierzu gehört auch die Möglichkeit, sich über Ort und Zeit einer Hauptverhandlung informieren zu können, was in der Praxis in der Regel durch Aushang im Gericht erfolgt.

Der Grundsatz bezieht sich sowohl auf Zivil- als auch Strafverfahren, erfasst jedoch grundsätzlich nur mündliche Verhandlungen und nicht das schriftliche Verfahren. Da in schriftlichen Verfahren in aller Regel keine öffentliche Akteneinsicht vorgesehen ist und vorgenommen wird, ist die Öffentlichkeit normalerweise bereits aus praktischen Gründen ausgeschlossen. Für das zivilrechtliche Verfahren normiert § 299 Absatz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zwar die Möglichkeit einer Akteneinsicht durch Dritte ohne Einwilligung der Prozessparteien. Doch hierfür muss der Dritte ein rechtliches Interesse an der Einsicht glaubhaft machen. Darüber hinaus verweist auch § 55 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf den Öffentlichkeitsgrundsatz des GVG.

Zweck des Öffentlichkeitsgrundsatzes

Die Prozessmaximen – das heißt der Öffentlichkeitsgrundsatz, das Unmittelbarkeitsprinzip und das Mündlichkeitsprinzip – sind wichtige Grundpfeiler zur Durchführung von Gerichtsverfahren und gewährleisten insbesondere im Strafverfahren die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens. Der Öffentlichkeitsgrundsatz hat die bis in die Neuzeit verbreitete Geheimjustiz, insbesondere Verhandlungen hinter verschlossenen Türen, abgelöst und dient vor allem der Kontrolle der Justiz durch die Öffentlichkeit.

Zum einen werden die Gerichte einer gewissen Kontrolle ausgesetzt, wenn die Verhandlung und Urteilsverkündung vor einem interessierten Publikum stattfinden. Zum anderen verdeutlicht sie gegenüber der Allgemeinheit, dass vor der öffentlichen Verhandlung nicht zurückscheut. Eine Öffnung der Verhandlung für die Allgeheinheit bildet insofern auch die Grundlage für das Vertrauen der Allgemeinheit und des Einzelnen in die Unabhängigkeit der Gerichte und die Rechtsstaatlichkeit der Gerichtsverfahren. Dies gilt im Strafverfahren umso mehr, als der Strafprozess unter anderem auch dem Interesse der Allgemeinheit an der Wiederherstellung des Rechts dient.

Wann ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen?

Die Öffentlichkeit ist oder kann in gesetzlich geregelten Fällen ausgeschlossen werden, darunter vor allem:

Die Urteilsverkündung erfolgt jedoch in jedem Falle öffentlich (vgl. § 173 Absatz 1 GVG).

Darüber hinaus sind Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen grundsätzlich nicht zulässig, eine Erweiterung der Öffentlichkeit durch Übertragung der Verhandlungen ist insoweit ausgeschlossen (vgl. § 169 Absatz 1 Satz 2 GVG), kann jedoch in äußerst seltenen Fällen bei besonders herausragender Bedeutung des Verfahrens zugelassen werden (vgl. § 169 Absatz 2 Satz 1 GVG). Demgegenüber sind Aufnahmen vor und nach der Verhandlung zulässig, ebenso in den Sitzungspausen. Dieser Ausschluss dient dem Schutz der Verfahrensbeteiligten und soll auch einen unverhältnismäßigen Druck auf die Gerichte verhindern.

Weitere Einschränkungen des Öffentlichkeitsgrundsatzes können sich im Einzelfall ergeben, beispielsweise wegen:

Verstoß gegen Öffentlichkeitsgrundsatz

Wird zu Unrecht gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz verstoßen und die Allgemeinheit rechtswidrig am Zutritt zu einer Verhandlung gehindert und von ihr ausgeschlossen, stellt dies einen absoluten Revisionsgrund dar. Dies gilt sowohl für das Strafverfahren (vgl. § 338 Nr. 6 StPO) als auch für das Zivilverfahren (vgl. § 547 Nr. 5 ZPO) und auch Gerichtsverfahren vor den Verwaltungsgerichten (vgl. § 138 Nr. 5 VwGO).


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